Wir Motorrad-, Roller- und Mopedfahrer haben im Stadtverkehr den Vorteil, uns durch die Kolonnen zu schlängeln und so schneller voranzukommen als mit dem Auto. Speziell im Stop-and-Go zu den Stoßzeiten ist das Vorbeischlängeln, wie wir es nennen, perfekt. Immer wieder bekommt man von Autofahrern dabei den Stinkefinger gezeigt, die sich frustriert durch den Verkehr stauen. Vereinzelt haben mir Kollegen auch schon berichtet, dass beim Vorbeifahren ganz plötzlich Autofahrer den Drang verspüren, die Frontscheibe zu reinigen. So bezeichnen Autofahrer unser Verhalten dann nicht als Vorbeischlängeln, sondern als Vorbeidrängeln. Doch viele wissen gar nicht, dass das Vorbeifahren erlaubt ist.
Mit diesem Blogbeitrag möchten wir dir einen kurzen Überblick über die gesetzlichen Regelungen in Österreich und Tipps für die nächste Diskussion im Freundeskreis oder auch mit einem genervten Autofahrer an die Hand geben. Übrigens, diese Regelungen gelten für alle einspurig motorisierten Fahrzeuge mit amtlicher Zulassung, egal welcher Motor (Verbrenner oder E-Motor) und welchen Hubraum das Fahrzeug hat.
Was ist nun erlaubt, was nicht?
Seit 1998 dürfen wir an stehenden Autokolonnen vorbeifahren, dabei musst du aber auf einige Punkte achten. Hier der entsprechende Abschnitt in der StVO (§ 12 Absatz 5):
„Müssen Fahrzeuge vor Kreuzungen, Straßenengen, schienengleichen Eisenbahnübergängen und dergleichen angehalten werden, so dürfen die Lenker einspuriger, später ankommender Fahrzeuge nur dann neben oder zwischen den bereits angehaltenen Fahrzeugen vorfahren, um sich mit ihren Fahrzeugen weiter vorne aufzustellen, wenn für das Vorfahren ausreichend Platz vorhanden ist und die Lenker von Fahrzeugen, die ihre Absicht zum Einbiegen angezeigt haben, dadurch beim Einbiegen nicht behindert werden.“
Vorbeifahren an stehenden Kolonnen
Motorräder und Mopeds dürfen somit an Fahrzeugkolonnen vorbeifahren, allerdings nur, wenn die Kolonne tatsächlich im Stillstand ist. Achte dabei aber IMMER besonders auf den querenden Verkehr.
Bist du am Ende der stehenden Kolonne angekommen musst du darauf achten, vor der Haltelinie anzuhalten und diese nicht zu überfahren. Wenn dafür kein Platz ist, musst du dich zwischen zwei Autos oder neben einem Auto einreihen, ausreichend Seitenabstand vorausgesetzt. Gibt es zwei Haltelinien, gilt für einspurige Fahrzeuge die vordere Haltelinie.
Selbstredend dürfen beim Vorbeifahren keine Sperrlinien oder Sperrflächen überfahren werden.
Sobald sich die Fahrzeuge während deiner Vorbeifahrt wieder in Bewegung setzen, muss du dich wieder in den fließenden Verkehr einordnen.
Autoslalom ist erlaubt, bei ausreichendem Seitenabstand
Der berühmte Autoslalom bei stehenden Kolonnen ist übrigens auch erlaubt, das regt die Autofahrer meiner Erfahrung nach am häufigsten auf. Hier muss allerdings ein ausreichender Seitenabstand gegeben sein.
Apropos Seitenabstand
Dieser ist in der StVO nicht genau geregelt. Der OGH hat in einem Verfahren gegen einen Radfahrer diesen mit 1,40 Metern aus „ausreichend“ eingestuft, was auch für Moped-, Roller- und Motorradfahrer gilt.
Rechts überholen
Das Überholen auf der rechten Seite ist grundsätzlich verboten. Es gibt jedoch Ausnahmen, wie etwa auf einer Linksabbiegespur, wenn der Abstand ausreichend gegeben ist und keine Sperrlinie dabei überfahren wird.
Befahren von Busspuren
In Österreich ist das Befahren von Busspuren in Längsrichtung verboten und auch für Mopeds und Motorräder tabu. In Wien ist das Befahren einiger Busspuren für einspurig Motorisierte jedoch freigegeben. Eine genau Aufstellung der freigegebenen Busspuren in Wien findest du hier.
Die Busspuren in der Neustift- und Burggasse im 7. Bezirk sind allerdings nach wie vor nicht freigegeben. Dafür setzt sich die Arge 2Rad seit Jahren ein und wird weiter dafür kämpfen.
Wenn eine Busspur zeitlich begrenzt ist, darf sie außerhalb dieser Zeiten natürlich von allen Verkehrsteilnehmern befahren werden.
Nutzung von Fahrrad- und Mehrzweckstreifen
Fahrradstreifen dürfen, entgegen der Annahme vieler, NICHT zum Vorbeifahren genutzt werden. Eine Ausnahme besteht, wenn ein Fahrradstreifen explizit als Mehrzweckstreifen ausgewiesen ist, der auch von Mopeds und Motorrädern benutzt werden darf.
Tipps und Empfehlungen
- Sicherheitsabstand: Halte immer ausreichend Abstand zu anderen Fahrzeugen, insbesondere beim Vorbeifahren an stehenden Kolonnen. Es könnte sich plötzlich eine Seitentür öffnen, weil sich ein Mitfahrer doch entschließt, bei der roten Ampel „rauszuspringen“.
- Jederzeit bremsbereit: Achte speziell beim Vorbeifahren auf querenden Verkehr und Fahrzeuge, die aus den Quergassen einbiegen und vom stehenden Fahrzeug „hineingewunken“ werden. Die Linke zum Gruß ist zwar immer möglich, doch gerade im Straßenverkehr ist das Nicken ein beliebter Gruß, um nicht zu sehr abgelenkt zu sein.
- Geschwindigkeit anpassen: Vorbeifahren ist eine lässige Sache, um rascher am Ziel zu sein, dennoch ist unsere Empfehlung: „Lieber defensiv als aggressiv“.
- Rechtzeitig Blinken: Setze frühzeitig den Blinker, um deine Absichten klar zu machen und Missverständnisse zu vermeiden.
Das Vorbeifahren an Autos im Stadtverkehr mit dem Motorrad, Roller oder Moped kann richtig Zeit sparen und ist auch für viele gerade im urbanen Bereich einer der Hauptgründe, einspurig motorisiert unterwegs zu sein. Bitte passe dabei aber immer gut auf, um einen Unfall und rechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Lieber ein wenig defensiver unterwegs sein und gut am Ziel ankommen. Wenn wir Rücksicht aufeinander nehmen, sparen wir uns neben Zeit nämlich auch viel Frust. Und ich finde es viel besser, gut gelaunt anzukommen als 2 Minuten früher und gestresst.
In diesem Sinne,
die Linke zum Gruß
Gernot vom Team I love my moped
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Quellen:
Fotocredits: Adobe Stock
https://www.oeamtc.at/news/wien/busspuren-fuer-motorraeder-18315509
https://www.wien.gv.at/verkehr/verkehrssicherheit/safebike/busspuren.html
