In diesem Blogbeitrag geht es NICHT um Reifen-Tests, das innovativste Profil für den besten Grip oder die perfekte Haftung bei Nässe. Es geht hier um unseren Planeten. Das Fahren mit Motorrad, Roller und Moped ist für viele von uns das schönste Hobby der Welt, ein Gefühl der Freiheit oder die perfekte Wahl für die eigene individuelle Mobilität. Gleichzeitig ist es heute aber auch wichtig, an unsere Zukunft und unsere Umwelt zu denken. Was das mit den Reifen auf unseren Bikes zu tun hat, möchten wir in diesem Blogbeitrag aufgreifen.
Muss der Motorradreifen-Sektor grüner werden?
Jährlich werden Schätzungen zufolge weltweit 1,5 Milliarden Reifen produziert, Millionen von Gummis davon als Motorrad- und Rollerreifen. Klarerweise hat das auch massive Umwelteinflüsse. Doch nicht nur der Rohstoffverbrauch und die Herstellung belasten die Umwelt, auch Reifenabrieb und vor allem die Entsorgung der Altreifen tut unserem Planeten nicht gut.
Doch auch hier haben sowohl Reifen- als auch Motorradhersteller die Thematik erkannt und arbeiten intensiv an nachhaltigen Technologien, um diese Auswirkungen zu minimieren. Auch der Motorrad-Rennsport, bekannt für innovative technische Entwicklungen, spielt eine Schlüsselrolle bei der Förderung von Technologien, die den Reifenverschleiß reduzieren und den Einsatz umweltschonender Materialien vorantreiben.
Zusätzlich musste die Reifenindustrie auch deshalb agieren, da am 30. Dezember 2024 die EU-Verordnung über entwaldungsfreie Produkte (EUDR) in Kraft tritt. Die EUDR ist eine Verordnung, die darauf abzielt, die Auswirkungen der EU auf die globale Entwaldung und Waldschädigung zu verringern. Sie ist Teil des Green Deals der EU und soll sicherstellen, dass Produkte, die auf den EU-Markt gebracht, in die EU importiert und/oder aus der EU exportiert werden, nicht zur Entwaldung und Waldschädigung beitragen.
Besonders kleinere Reifenhersteller hat die Umsetzung und Einhaltung dieser Verordnung viel Energie gekostet, insgesamt trägt es jedoch zu einem grüneren Fußabdruck der Branche bei.
Nachhaltige Technologien in der Reifenproduktion
Und genau diese Zusammenarbeit braucht es auch, denn es geht darum, die Umweltauswirkungen über den gesamten Lebenszyklus eines Reifens zu minimieren – von der Rohstoffgewinnung über die Produktion bis hin zum Gebrauch und schlussendlich der Entsorgung. In der Recherche zu diesem Thema sind wir auf diese Ansätze und Innovationen gestoßen:
1. Was deine Gummis mit Reis & Guayule zu tun hat
Am besten ist es natürlich, für die Produktion keine neuen Rohstoffe zu brauchen, sondern das wiederzuverwenden, was wir der Umwelt schon einmal genommen haben. Bald können deine Gummis am Motorrad oder Roller zu mehr als der Hälfte aus biobasierten, recycelten Materialien bestehen. Michelin entwickelt Reifen mit bis zu 63 % nachhaltigen Materialien, darunter biobasierte Gummimischungen und recyceltes Polyester.
Continental experimentiert mit alternativen Rohstoffen, um den Anteil von erdöl-basierten Materialien zu verringern. Zudem wird verstärkt auf Naturkautschuk aus der Guayule-Pflanze gesetzt, die Firestone in ihren Rennreifen verwendet. Guayule hat den Vorteil, dass sie weniger Wasser benötigt und häufiger geerntet werden kann als traditionelle Kautschukpflanzen.
Bridgestone hat mit ihrer ENLITEN®-Technologie einen großen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit gemacht. Diese Reifen enthalten ebenfalls bis zu 63 % recycelte und erneuerbare Materialien, darunter recyceltes Carbon Black und Reisstroh-Silikat, das aus Abfallmaterialien der Reisproduktion gewonnen wird.
Auch Pirelli setzt auf biobasierte und recycelte Materialien und hat die weltweit ersten Reifen mit FSC®-zertifiziertem Naturkautschuk entwickelt und setzt auf innovative Materialien wie Lignin, das aus der Papierindustrie stammt und die Lebensdauer der Reifen erhöht sowie den Rollwiderstand reduziert. Ebenfalls sorgt Reisstroh-Silikat bei Pirelli für deinen Grip in den Kurven.
2. Mikroplastik kommt nicht nur von PET-Flaschen und Plastiksackerln
Mikroplastik bringen viele Menschen in Verbindung mit Zahnpasta und Tieren, deren Mägen voll von Mikroplastik sind, deshalb trennen wir auch alle brav den Müll und tragen aktiv dazu bei, dass die Recyclingquote von Plastik steigt. Doch der Reifenabrieb im Verkehr ist eine der Hauptquellen von Mikroplastik in unserer Umwelt. Es ist schon klar, dass Roller- und Motorradfahrer für weit weniger Abrieb sorgen als Autos und Lkw’s, doch natürlich tragen wir auch hier Verantwortung.
Um dieses Problem zu reduzieren, investieren alle Reifenhersteller in die Entwicklung von Reifen mit optimierten Profilen und Gummimischungen, die weniger Partikel freisetzen. Dabei helfen auch digitale Simulationen, die den Abrieb unter realen Bedingungen nachstellen und so zur Optimierung der Materialien beitragen. Technologien wie das von Michelin entwickelte „Tame Tire“-Modell ermöglichen es, Temperatur- und Druckveränderungen während des Fahrens genau zu analysieren, um die Reifen noch widerstandsfähiger zu machen.
Auch Dunlop arbeitet an der Verbesserung der Haltbarkeit und des Abriebs ihrer Reifen, insbesondere durch ihre MT Multi-Tread-Technologie, die den Energieverbrauch verringert und die Lebensdauer verlängert. Sie setzen auch verstärkt auf recycelte Materialien, um den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren.
Natürlich ist die Reifenabnutzung bei aller Anstrengungen durch die Reifenhersteller und uns nicht verhinderbar, daher ist der nächste Punkt wichtig, damit aus griplosen Wesen wieder möglichst viel schwarzes Gold entstehen kann.
3. Recycling und Kreislaufwirtschaft
Die Reifenindustrie arbeitet an besseren Recyclingprozessen für Alt-Reifen, um wertvolle Materialien wie Gummi und Stahl zurückzugewinnen. Michelin und andere große Hersteller streben an, bis 2050 Reifen ausschließlich aus recycelten oder erneuerbaren Rohstoffen zu fertigen. Pirelli setzt sich zudem für das Recycling von End-of-Life-Reifen (ELTs) ein, um diese in neuen Reifen wiederzuverwenden. Auch Technologien zur Pyrolyse, einer Methode, bei der Reifen in ihre Bestandteile zerlegt und Gummiöle zurückgewonnen werden, werden laufend weiterentwickelt.
Für diejenigen von euch, die sich hier im Detail informieren möchten, empfehlen wir diese Website https://www.pyrum.net/ . Der Prozess wird hier sehr anschaulich erklärt. Es würde hier den Rahmen sprengen, näher darauf einzugehen, aber es ist einen Websitebesuch absolut wert!
4. Auch wir können Verantwortung übernehmen
Bei diesem Thema kommen wir Motorradfahrer selbst auch ins Spiel. Hand aufs Herz, kontrollierst du regelmäßig, und damit meine ich nicht alle paar Monate, den Luftdruck in deinen Reifen? Der Reifendruck ist natürlich maßgeblich mitverantwortlich für die Lebensdauer deiner Gummis.
Nachdem Motorräder naturgemäß auch viel „herumstehen“, belastet das auch deine Reifen. Zu viel Sonne schadet nicht nur deiner Haut, sondern auch deinen Gummis. Auch der „Autobahn-Platte“ nach langen Autobahnfahrten mit dem falschen Reifendruck oder wenn das Motorrad den ganzen Winter über auf den Reifen steht, können eigentlich noch gute Gummis unbrauchbar machen und dich zu einem frühzeitigen Wechsel zwingen.
Umso besser wir also darum kümmern, dass die Gummis auf unseren Mopeds lange den entsprechenden Grip haben, umso weniger Reifen müssen recycelt werden und so kann jeder von uns dafür sorgen, dass nicht nur der Reifenabrieb reduziert wird, sondern auch die Reifen länger halten. Aktuell geht hier viel Potential verloren und es entstehen unnötige Abfälle durch Reifen, die bei besserer Pflege eine weitaus längere Lebenszeit erzielen könnten.
5. Alter Gummi = Schlechter Gummi, oder?
Ein wichtiges Thema ist auch das Thema Reifenalter, welches in den letzten Jahren durch zahlreiche Falschinformationen zum Problem geworden ist. Es wurde vielfach darüber berichtet, dass Reifen ab einem Alter von 5 Jahren bereits „alt“ sind. Das wurde im Handel oft als Verkaufsargument für die aktuellen Modelle ins Rennen geschickt, ist jedoch nicht richtig.
Diese Behauptungen haben dazu geführt, dass Reifen, welche 1 Jahr oder älter sind, oft nur mehr schwer verkäuflich sind. Wird der Reifen vor permanenter UV-Einstrahlung und häufigen, schnellen Temperaturwechseln geschützt gelagert, ist er nach 24 Monaten jedoch immer noch absolut neuwertig, ohne Einbußen für uns Motorradfahrer.
Achte hier darauf, nicht „billig“ zu kaufen und ein paar Euro pro Gummi zu sparen, sondern vertraue auf renommierte Anbieter und den Reifenhändler vor Ort. Diese lagern Gummis meist gewissenhafter als ein Onlinehändler und sorgst damit auch für eine regionale Wertschöpfung.
Der Rennsport und die Motorradhersteller als Innovationstreiber
Der Motorsport spielt eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung nachhaltiger Technologien, die später auch für den Straßenverkehr adaptiert werden können. Michelin nutzt den Rennsport als Testfeld für neue Reifenmodelle und hat im Rahmen von Langstreckenrennen Reifen entwickelt, die auf Höchstleistung ausgelegt sind und gleichzeitig zu einem großen Teil aus nachhaltigen Materialien bestehen. Diese Tests unter extremen Bedingungen helfen dabei, Lösungen zu entwickeln, die den Reifenverschleiß minimieren und die Effizienz steigern.
Suzuki setzt bei Langstreckenrennen in der FIM Endurance World Championship (EWC) mit ihrem Team SUZUKI CN CHALLENGE neben 40% biobasierten nachhaltigen Kraftstoffen auch auf Rennreifen mit erhöhtem Anteil an recycelten und wiederverwertbaren Materialien von Bridgestone.
Einige Motorradhersteller arbeiten sehr intensiv mit Reifenproduzenten zusammen, um zum Beispiel auch speziell auf Elektromotorräder abgestimmte, langlebige und ressourcenschonende Reifen zu entwickeln.
Fazit
Die Herausforderungen im Bereich der Reifenproduktion, der Reduktion des Abriebs und das entsprechende Recycling sind enorm, doch die Fortschritte, die sowohl in der Industrie als auch im Rennsport erzielt werden, sind vielversprechend.
Mit nachhaltigen Materialien, intelligenten Technologien und neuen Produktionsprozessen nähern sich die Hersteller einem Ziel, das den ökologischen Fußabdruck der Reifenproduktion drastisch reduzieren könnte. Der Rennsport spielt dabei auch eine Schlüsselrolle, um genau diese Entwicklungen zu beschleunigen und diese letztlich auf unsere Bikes und somit auf die Straße bringt.
Aber auch wir Biker können zu diesem Thema Verantwortung übernehmen, in dem wir gut auf unsere Gummis schauen und sie hegen & pflegen. Das gibt dir nicht nur den besten Grip auf der Straße, sondern unterstützt auch unseren ganz persönlichen „Green Deal“.
In diesem Sinne,
die Linke zum Gruß
Gernot vom Team I love my moped
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Wir freuen uns auf dich.
Fotocredits: Adobe Stock
Quellen:
https://www.bridgestone.com/responsibilities/environment/reduce_co2/fuel_efficiency/
https://www.pirelli.com/tyres/en-gb/car/sustainability-tyres
https://www.globalsuzuki.com/globalnews/2024/0322.html
https://www.wwf.de/themen-projekte/plastik/mikroplastik
Top 10 Sustainable Practices in the Tire Industry
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